24 September 2013, Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung
Review (de)

Wie von Geisterhand gesteuert

In "Stifters Dinge" fesselt Heiner Goebbels durch eine imponierende Theatermaschinerie

"Ausgerechnet Adalbert Stifter. Jener einsame österreichische Biedermeier- Autor, der sich ohne Blick für die gesellschaftlichen Verwerfungen der reaktionären Metternich-Ära detaillierten Naturschilderungen hingab. Ausgerechnet er inspirierte Heiner Goebbels zu einer Produktion, die das Musiktheater auf den Kopf stellt. Goebbels’ Glanzstück "Stifters Dinge" war schon in Paris, New York und London zu sehen. Die mit großem Beifall bedachte Aufführung zur Ruhrtriennale in der gewaltigen Duisburger Kraftzentrale schien überfällig. Denn das vor sechs Jahren entwickelte theatralische Klangspektakel ohne Schauspieler, Sänger oder Musiker spitzt die Ästhetik des Ruhrtriennale-Intendanten, des Gießener Theater-Professors und Komponisten radikal zu. Zwei Dinge stehen im Zentrum dieses raffinierten digitalen Gesamtkunstwerkes. Goebbels' Waldweben ohne Wagner-Pathos visualisiert mit einer imponierenden Theatermaschinerie Stifters aus dem Off vorgetragene "Eisgeschichte" aus der "Mappe meines Urgroßvaters". Stifters Blick auf einen vereisten Winterwald in der Dämmerung, dessen schwer zu fassende Aura er "das Ding" nennt, spiegelt das menschliche Erschrecken angesichts einer unberechenbaren, bedrohlichen Natur."

on: Stifters Dinge (Music Theatre)