20 February 2018, Klaus J. Frahm, Gießener Anzeiger
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Musiktheater a la Goebbels

Er ist ein bescheiden wirkender, höflicher Mann mit einem offenen Lächeln und wirkt überhaupt nicht wie einer der bekanntesten Künstler Deutschlands. Heiner Goebbels, seit 40 Jahren ein großer Name in der modernen Musik- und Theaterszene, war bis zu dem vergangenen Semester Professor für künstlerische Praxis am Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen.

"....Für die Gießener Theaterwissenschaften war es ein Glück, dass der Künstler neben seiner Lehrtätigkeit stets weiter an Aufführungen arbeitete. "Wir vermeiden, all das auf die Bühne zu bringen, was wir schon einmal gesehen haben", bringt Goebbels sein Lehrkonzept auf einen einfachen Nenner. Die Wahrnehmung des Zuschauers stehe bei ihm im Zentrum. So ist es auch kaum verwunderlich, dass sich das Institut, abseits der Innenstadt im beschaulichen Philosophikum II gelegen, unter Goebbels' Ägide stark zur Stadt hin und für die Stadtbevölkerung geöffnet hat.

Für Goebbels steht die dramaturgische Kraft der Musik im Vordergrund. Zusammen mit den Studierenden forscht er ständig an neuen Formen der Darbietung, wobei oft am Anfang nur eine Idee oder eine Assoziation steht, die in der gemeinsamen Arbeit immer mehr zu einem Stück wird. Auch die theoretische Ausbildung in Gießen setzt sich sehr nahe mit dieser künstlerischen Praxis auseinander.

"Komponieren ist eine einsame, anstrengende Tätigkeit", sagt Goebbels auf die Frage, ob nach seiner aktiven Lehrzeit wieder mit eigenen Musikstücken zu rechnen sei. Die Arbeit auf der Bühne, das Teamplay, bei dem sich die Akteure gegenseitig inspirieren und fördern, liegt Goebbels mehr. Seinen Schwerpunkt will Goebbels auf das Musiktheater legen, aber auch im Konzertsaal will der ehemalige Jazzrocker in Zukunft wieder mehr präsent sein."