13 September 2019, Bastian Tebarth
Interview (de)

Das Gegenteil von »so tun als ob«

Heiner Goebbels über die Schönheit des Machens und der Kollaboration

Ende der 1970er Jahre spielte Heiner Goebbels mit dem Sogenannten Linksradikalen Blasorchester in der Frankfurter Sponti-Szene. 1994 feierte er mit »Surrogate Cities« seinen Durchbruch in der Kunstmusik. M&R sprach mit dem Komponisten anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums über diese berühmte Orchestersuite, seine neuen Arbeiten »Under Construction« und »Everything that Happened and Would Happen« und über die große Bedeutung, die die Schönheit für ihn hat.

"Herr Goebbels, bei Ihrer neuen Musiktheater-Produktion »Everything that Happened and Would Happen«, die unlängst bei der Ruhrtriennale ihre deutsche Premiere gefeiert hat, arbeiten Sie mit einer beeindruckenden Bildersprache. Was bedeutet Ihnen Schönheit?

Zum einen teile ich mit Heiner Müller das Interesse am Schönen. In einem seiner späten Gespräche hat er eine überraschende und zunächst seltsam klingende These formuliert, als er sagte: »Theater muss schön sein. Auch wenn du Grauen darstellst oder Brutalitäten darstellst: Es muss schön sein, sonst ist es nicht fremd. Das Fremdeste in unserer Realität ist Schönheit.« Und wenn wir von den Überästhetisierungen der Waren, der Werbung und der Metropolen absehen, ist Schönheit in der Realität tatsächlich selten." [...]

Melodie & Rhythmus 4/2019
on: Everything that happened and would happen (Music Theatre)