28 September 2021, Markus Mayer, BR.de
Review (de)

Mehr Räterepublik als Orchester

Da kommt man also ins Prinzregentheater zur Generalprobe von House of Call und trifft auf ein Orchester, dessen Aufstellung mehr an eine Versammlung von Musikerinnen und Musikern während der Räterepublik erinnert denn an die üblichen Sitzordnungen symphonischer Orchester. Der Anblick des Ensemble Modern verleiht der Bühne jedenfalls prompt die Ausstrahlung eines Labors.

[...]Anrufungen sind all diese Stimmen und Gesänge der Menschen, Gedicht und Gebet – Geistersprache wie alle Lyrik, wie jegliches Hoffen und Flehen. House of Call, das Haus des Rufs – das war im 19. Jahrhundert in Großbritannien ein Gebäude, in dem sich bestimmte, spezialisierte Arbeiter und Tagelöhner auf Abruf bereithielten.[...]House of Call jedenfalls beinhaltet jedenfalls Stellen, die wie die Hölle grooven, um es mit den Worten eines Popfans auszudrücken, zu hören sind aber auch berückende impressionistische Tonspiele, schimmernde Klangflächen, südafrikanischer Jazz und düstere, sich reibende Dissonanzen. Der Dirigent steht übrigens rechts am Rand - es ist der in Zimbabwe geborene Vimbayi Kaziboni, der Dirigierworkshops des Ensemble Modern absolviert hat. Was jedenfalls gestern auf der Generalprobe zu hören war, klang verheißungsvoll - könnte eines der Konzerte, wenn nicht das Konzert des Jahres werden.

on: A House of Call (Composition for Orchestra)