25 September 2003, Susanne Maier, Berliner Zeitung
Review (de)

"Surrogate Cities" - Klang-Orgie in der Philharmonie

Solche Tüne hat die Philharmonie in ihrem 40-jährigen Bestehen noch nie gehört: Schnelle, fast technomäßige Rhythmen, elektronisch verzerrte Geräusche, dazu die volle Stimme von Jazzerin Jocelyn B. Smith und das Wimmern, Stöhnen und Schluchzen von Sprachkünstler David Moss. Selbst Dirigent Simon Rattle griff zum Mikro. "Surrogate Cities" von Heiner Goebbels - eine Komposition, die alles vermischt: Jazz, Rock, Pop, Klassik, elektronische Musik. Auch für die Philharmoniker eine neue Erfahrung. Angefeuert durch eine aufregende Light-Show, die die Musiker in grelle Lichteffekte tauchte. Vor allem die Schlagzeuger gaben ihr Bestes, trommelten auf Stahl- und Alublechen, raschelten mit Papier und Schilfhalmen. Goebbels' Komposition enthält auch sehr lyrische Elemente, z.B. sampelt ei Schellack-Aufnahmen jüdischer Kantoren aus den 30er Jahren - ein bewegendes Hörerlebnis. Spannend war es, Orchester und Dirigent zu beobachten, und spannend war es, diesen Rhythmen und Tönen zu lauschen. Die Zuhörer in der völlig ausverkauften Philharmonie dankten mit begeistertem Applaus. Und Sir Simon Rattle hat bewiesen: Auch neue Musik kann ein Erlebnis werden! (Susanne Maier)

on: Surrogate Cities (Composition for Orchestra)