23 May 1990, Hanno Ehrler, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Review (de)

Ringen um einen Standpunkt

"Wolokolamsker Chaussee" und "Mann im Fahrstuhl"

„Heiner Goebbels Konzert „Der Mann im Fahrstuhl“ im Mousonturm bricht den auf dem Papier sich einförmig abspulenden Text mehrfach auf und schichtet die Fragmente zu musikalischen Blöcken von brachialer Gewalt.“ „Es ist ein Changieren zwischen Kommentieren und Konterkarieren, das sie zum eigenständigen und in ihren freien und wild-solistischen Momenten vielleicht auch zum utopischen Element macht.“ „Denn die Gewalttätigkeit der Musik bricht den ohnehin nicht homogenen Text endgültig auf und steht als zweite Ebene neben den skandierten und gesungenen Extrakten, die auch sprachlich noch durch parallele deutsche und englische Teile zerfasert werden. Brasilianische Liedeinlagen mit Saxophon-Begleitung à la Stan Getz beschwören das andere, Fremdartige, noch nicht in den Sog nördlicher Akkuratesse und Gradlinigkeit Geratene. Verschmelzen hierbei Musik und Text als Relikt einer exotischen, noch nicht endgültig verlorenen Harmonie, so stehen sie sich sonst als Trümmer gegenüber, die in dem „narrativen Konzert“, wie Müller und Goebbels es nennen, von einer kaputten Welt erzählen.“

on: Der Mann im Fahrstuhl (Music Theatre)