14 April 2003, Heiner Goebbels
Text (de)

"Trau keinem Auge"

Laudatio auf Erich Wonder anläßlich der Verleihung des Hein-Heckroth-Bühnenbildpreises am Stadttheater Giessen

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich sehr, heute abend Laudator zu sein, weil, Dir, lieber Erich Wonder diesen Preis zu verleihen, ist für mich als Theatermacher eine wunderbare Gelegenheit, zurückzugeben, was ich im Laufe der letzten 25 Jahre von Dir bekommen und gelernt habe. In dieser Hinsicht 'oute' ich mich gerne auch als Wonderschüler. Als junger Theater-Komponist, ich hatte damals gerade an den Frankfurter Städtischen Bühnen angefangen, habe ich zum Beispiel einen radikaler schwarzen Würfel erlebt, der nur gelegentlich vom gleißend blendenden Strahl eines scheibenwischerartigen Lichtarms ausgewischt wurde. Es war Erich Wonders Raum als starkes Pendant für die Hölderlinschen Verse (nach Sophokles) in Christof Nels Antigone. Ich konnte auch erfahren, welche Musik dieser Würfel erträgt und welche nicht. Und, ich weiß das nicht mehr genau, vielleicht hat mich dieser schwarze Würfel auch dazu angeregt mit dem antiken Chor, der in heutigen trivialen bunten Kostümen auftrat, einen Schlager einzustudieren; das war mühsam, denn der Refrain ging: "Ene mene ming mang ping pang ene mene acka dacka eia weia weg" Der Raum hat die bewußt 'ungeheuerliche' ästhetische Fallhöhe ausgehalten, im Gegenteil: er gewann an Instanz und Form. Mit diesem Raum hat Wonder auch schlagend bewiesen, daß starke Räume und starke Bilder dem Zuhören eines Textes nichts wegnehmen müssen. Im Gegenteil - da sie so ihre Unabhängigkeit großzügig unter Beweis stellen, und sich nicht einlassen auf kleinteiliges Illustrieren - können sie ein empfindsames Hören befördern, das in den Theatern selten geworden ist. Später haben wir zusammen an zwei freien Projekten gearbeitet, an "Scratch" eine Rauminszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus und ich konnte mitbekommen, wie schwierig es ist, ständig, in Sicht- und Hörweite über den Köpfen des Publikums einen Panzer rollen zu lassen. In "Maelstromsüdpol" unserer Aktion zusammen mit Heiner Müller konnte ich dabei sein, wie Erich Wonder auf ortsspezifische Perspektiven außerhalb der Theater reagiert: wie er bei der documenta in Kassel die Mittelachse der Karlsaue aufnimmt (mit tatkräftiger Hilfe der örtlichen Bundeswehr), wie er unter den mißtrauischen Augen der Grenzsoldaten und ihrer Feldstecher den Landwehrkanal entlang der Berliner Mauer in einen magischen Sog verwandelt, und wie er in Linz bei der ars electronica die glühenden Abstiche im Stahlwerk aufgreift und brennende Männer vor fahrende Züge laufen läßt - dabei immer die vorgefundenen Kräfteverhältnisse auf den Punkt bringt, für sich nutzt, und die Balance findet, ausreichend bildnerische Impulse zu liefern und dennoch den Köpfen der Zuschauer freien Raum zu lassen - wenn man mal von dem Panzer in Düsseldorf absieht. Und in den gemeinsamen Arbeiten mit Ruth Berghaus, "Dantons Tod" am Thalia Thetaer in Hamburg und "Penthesilea" am Burgtheater Wien, konnte ich erleben, wie strukturbildend die aus der industriellen Recherche gewonnen Bilder für die Stücke sein können, wieviel sie mit der Mechanik der Texte von Büchner und Kleist zu tun haben, wenn sie klug übersetzt ins Theater geholt werden. Auch hier hattest Du wieder großen Einfluß auf meine Klangarbeiten und Kompositionen. Mit Schächten, Sandgruben und einem Stahlarm, der periodisch die Spuren der Schauspieler im Sand immer wieder glatt streicht und die Erinnerung an die Schlachtszenen auszulöschen versucht. Im Gegensatz zu vielen Kollegen definiert Wonder die Bühne immer wieder anders, er repetiert nicht immer nur eine Ästhetik; er findet / erfindet neue Herausforderungen für seine Perspektiven. Nur so ist auch zu erklären, was mich zunächst verwundert hat, daß er Mitte der Neunziger Jahre plötzlich einen Ehrgeiz für Interieurs entwickelte, also für geradezu klassische, konkrete Innenräumen - fast mit Sofa und Schrankwand - dabei ließ er allerdings nicht die Wonder-spezifische Überzeichnung und Dimensionierung außer acht, ohne die solche Räume schnell zum willfährigen Requisit der Schauspieler werden oder zum allzubekannten Abziehbild unserer Erfahrung. Auch hier bestand er auf dem Trugbild: wenn am Fenster die Welt vorbeifährt, und das Fenster gleich mit, aber in die andere Richtung, und der Flügel, an dem Bach gespielt wird, sich auch noch zu drehen beginnt, - wie in meinem Stück "Die Wiederholung" - weiß das Publikum schlußendlich nicht mehr, ob es sich in einem Traum befindet, in einem Film oder vielleicht in einem Theater a la Wonder - den, wie ein Kritiker einmal formuliert hat, "nur ein dunkler Vokal von dem trennt, zu dem er befähigt ist": kleine und große Wunder. Um ihre Zeit nicht über Gebühr zu beanpruchen überlasse ich alles Enzyklopädische Ihrer Suchmaschine. Daß er Österreicher ist, hört man, mit welchen Regisseuren Wonder gearbeitet hat ist mittlerweile müßig aufzuzählen (so etwas macht man am Anfang einer Karriere.....) vor allem wenn jemand wie Erich Wonder an nahezu allen wichtigen europäischen Opernhäusern und Theatern gearbeitet hat - und daß er Anfang der 70er Jahre als Ausstattungsleiter an den Städtischen Bühnen Frankfurt die unmittelbare Nachfolge von Hein Heckroth angetreten hat, ist nicht der Grund warum er heute hier ist, es ist nur ein wunderbarer Zufall. Reden wir weiter über seine Arbeit "Trau keinem Auge" hat Erich Wonder einmal gesagt, und wer ihn nicht kennt, könne glauben, es schwinge ein moralischer Unterton mit; dabei ist er heilfroh darüber und nützt dieses unser Defizit schamlos aus. Man kann bei Wonder seinen Augen wirklich nicht trauen. Warum schwebt der Konzertflügel über dem Bühnenboden wie ein Metronom, und wieso schneit es dann auch noch in einem Stück wie Heiner Müllers "Auftrag", das doch eigentlich in Jamaica spielt ? Und Wie schafft er es, daß das riesige Stadion, in das wir eben noch - zu größenwahnsinnigen Texten von d'Annunzio - geblickt haben, plötzlich voller Bäume steht, wenn ich mich überhaupt richtig erinnere, oder war es doch ganz anders ? "In einer Zeit der optischen Überflutung" sagt Erich Wonder würden Theaterbilder immer wichtiger; es gehe ihm darum "Rätselbilder zu schaffen, Geheimnisse zu wahren." Damit und dafür sind wir ihm dankbar, geht er genau den entgegengesetzten Weg, den das Theater in den letzten Jahren auf der Jagd nach neuen Zuschauerschichten oft gegangen ist: sich dem schlechten Geschmack der Medien anzubiedern, zu kalauern, auf billige Weise Figuren zu denunzieren, und sich im trash der Ausstattung zu überbieten. Er formuliert auf der Bühne ein selten gewordenes Argument für die Kunst; für die Fremdheit in den Bildern, deren Verständnis nie restlos aufgeht. Er verschafft den Theatern, die doch so auf Nähe zum Publikum versessen sind, eine Weite. Plötzlich tun sich auch auf kleinen Bühnen endlose Perspektiven auf, die man ihnen nie zugetraut hätte. Und er schafft damit den Betrachtern eine Offenheit, um die uns vielleicht die Medien eines Tages beneiden werden. Manches mal konnte man sich dabei auch des Eindrucks nicht erwehren, die Regisseure wären nicht immer in der Lage gewesen, mit den ihnen gestellten szenischen Aufgaben seiner Räume wirklich zu arbeiten; dann haben sie diese reduziert auf das, was ihnen in der Regel ein Bühnenbild ist: nämlich Kulisse. Vielleicht sagen sie ja jetzt, was kann denn ein Bühnenbild anderes sein ? was ist der Unterschied zwischen einer Kulisse und den Räumen Erich Wonders ? Kulissen, sehr vereinfacht gesagt, unterstützen die Überlegungen der Autoren, Dramaturgen, und Regisseure, indem sie Zeichen sind, indem sie fiktive Welten und Zeiten repräsentieren, die so auf der Bühne nicht vorzufinden sind. Und uns für die Dauer eines Abends glauben machen wollen, wir sähen ein Wohnzimmer mit Schrankwand, ein Sommerhaus am See, ein Wald voller Bäume, ein Schiff am Horizont. Das steht meistens schon so im Stück, ist mal besser mal schlechter gemacht oder übersetzt und dient der Erzählung. Und man könnte auch sagen, das ist auch gut so. Wonder macht etwas anderes - wie kein Anderer. Selbst dann wenn er die gute alte Prospektmalerei wieder neu erstehen läßt. Wenn er scheinheilig behauptet "ich versuche immer den handelnden Personen einen Lebens- und Aktionsraum zu geben, in dem sie wie selbstverständlich zu hause sind" ist das reines Understatement. Vordergründig bedient er sie nicht. Im Gegenteil: er formuliert Widerstände, strukturiert mit Licht und Bauten Hindernisse, die dann aber, wenn sie von den Regisseuren klug genutzt werden, die Darsteller in einem gesellschaftlichen Licht erscheinen lassen; das kann mal menschlich sein, und mal unmenschlich - so ist das Leben und das möchte Wonder dem Theater nicht ersparen. In Wirklichkeit setzt er den Schauspielern also etwas entgegen. In Wirklichkeit heißt aber auch, und genau das meinte er mit dem gerade zitierten Satz, versucht er ihnen einen Raum zu bauen, der Ihnen eine andere, eine Theaterwirklichkeit anbietet. Keine vorgebliche, sondern eine, an die sie sich halten können, halten müssen: der Panzer in Düsseldorf, Schächte in Hamburg und Sand in Wien, genau definierte Lichträume in Frankfurt u.v.a.m.- einen Raum, der gerade darin wieder eine eigene Maschinerie darstellt, die bezwungen werden muß. Das ist der Unterschied zur Kulisse. Dabei gelingt die Gratwanderung, den künstlerischen Anspruch an dieses Handwerk weder aufzugeben, noch gegen die Stücke zu wenden. Auch wenn er selbst dem verbreiteten Gerücht, er lese die Stücke gar nicht, immer wieder Nahrung gibt, und ich es zumindest in einigen Fällen auch bestätigten kann, (zumindest liest er sie nicht einfach von vorne nach hinten): immer sind es seine Räume, die auf einer übersetzten, manchmal abstrakten, aber strukturell schlüssigen Ebene einen Großteil der inszenatorischen Arbeit bereits vorgeben. Durch seine Weichenstellung ist diese sehr genau vorbereitet, Akt für Akt, Szene für Szene, Auftritt für Auftritt, wenn auch manchmal aus niederen Motiven schon allein deswegen, damit er nicht so oft auf die Proben kommen muß. Es ist eine Besonderheit seiner Arbeiten, und vielleicht die einzig wiederkehrende Konstante in den so unterschiedlichen Bildwelten, daß immer wieder mehr oder weniger direkte Referenzen auf die Arbeit des amerikanischen Malers Mark Rothko aufgenommen werden; (sehr prominent zum Beispiel in seinem Bühnenbild für Tristan und Isolde - Heiner Müllers Inszenierung in Bayreuth); Mark Rothko, der bekannt wurde für seine zunächst sehr farbigen und gegen Ende seiner Arbeiten immer dunkler werdenden magischen, überdimensionierten Rechtecke. Vielleicht gibt uns die Frage, warum Rothko so gemalt hat, auch eine Antwort auf die Motive von Erich Wonder: "Ich male sehr große Bilder. Mir ist klar, daß es historisch gesehen die Funktion großer Gemälde ist, etwas Grandioses und Pompöses zu malen. Der Grund warum ich sie male dagegen, ist genau die Tatsache, daß ich sehr intim und menschlich sein möchte. Ein kleines Bild zu malen heißt sich selbst außerhalb der Erfahrung zu platzieren, auf eine Erfahrung zu schauen wie mit einem Fernglas oder einem Verkleinerungsglas. Wenn Sie im Gegensatz dazu größere Bilder malen, sind Sie mitten drin. Es ist nicht mehr etwas, was Sie kontrollieren können." Das heißt auf die Räume Wonders übersetzt: er provoziert damit, daß Schauspieler in den Räumen / daß Zuschauer mit den Räumen Erfahrungen machen können, und dabei einer andern Instanz unterworfen sind; dabei, wie es Rothko für sich formuliert hat, auch die Erfahrung machen, 'nicht selbst alles kontrollieren zu können'. Das sind gesellschaftliche, politische Erfahrungen, über die uns seit der antiken Tragödie die Theaterstücke viel erzählen wollen. Wonder hat jetzt auch die Bilder dafür. Der neu ins Leben gerufene Hein Heckroth Bühnenbildpreis ist gemäß den Ansprüchen seines Paten ein Theaterpreis, aber auch ein Kunstpreis. Dieses erste Mal ist es der Jury, Jürgen Flimm, Frau Wosymski und mir, sehr leicht gefallen, diesem Doppelcharakter zu entsprechen. Das nächste mal wird es schon schwieriger werden. Ich danke Dir auch persönlich, lieber Erich, für die - wie Du sie am besten genannt hast - "Zwischenräume und Nachbilder " - und bin neugierig auf das, was als nächstes kommt. Diese Räume und das ist ihr Qualität klingen lange nach, - wie der im rot beleucheten Kreis herumgeführte Schäferhund im Schiffsbauch eines Lastkahns auf der Donau - und brennen sich ein in die Sinne der Betrachter. Deswegen schließe ich mit einem Ernst Jünger Zitat, das Heiner Müller Dir einst auf einen Zettel gekritzelt hat: "Die Bilder sind das Urgestein der Kulte, sie leben länger als die Götter, zu deren Ehren sie errichtet wurden" KRITIKEN HIERZU: TIFF/Kultur, 16.04.2003 Rätselbilder gegen optische Überflutung Erich Wonder mit Hein-Heckroth-Preis ausgezeichnet – Förderpreis für Annette Murschetz – Ausstellung in Kunsthalle Thomas Schmitz-Albohn GIESSEN. "Ich nenne es eine glückhafte Entscheidung, dass mit der Stiftung eines Preises in Hein Heckroths Namen der Kunst des Bühnenbildners, die eine so lange Tradition hat, endlich ein rühmendes Forum geschaffen ist", sagte der bekannte Theaterkritiker und Ehrenpräsident der Frankfurter Akademie der darstellenden Künste, Dr.Günther Rühle, beim Festakt am Montagabend im Gießener Stadttheater. Rühle, selbst gebürtiger Gießener, war einer der prominenten Redner bei der erstmaligen Verleihung des Hein-Heckroth-Bühnenbildpreises. Er hielt die Laudatio auf den Namensgeber, den aus Gießen stammenden Maler, Bühnenbildner und Oscarpreisträger Hein Heckroth (1901 bis 1970). Zu dieser Preisverleihung im Stadttheater gab sich eine illustre Gesellschaft mit allen, die in der Kulturszene der Universitätsstadt Rang und Namen haben, ein großes Stelldichein. Der mit 5000 Euro dotierte und vom Land Hessen finanzierte Preis ging dabei an den Wiener Bühnenbildner Erich Wonder (Jahrgang 1944); seine Schülerin Annette Murschetz (Berlin) erhielt den mit 2500 Euro ausgestatteten Förderpreis, den die Stadt Gießen bereitstellt. Rühle sprach von den Brüchen eines Künstlerlebens in zwei Weltkriegen, den Jahren des Exils in England und Amerika und dem Wagnis, ins Land der Täter wieder zurückzukehren: "Heckroth sah seine Zeit mit den Augen des Malers, aber mehr noch mit den Augen des Bühnenbildners, des Theaters, das eine Fülle vortäuscht, die doch nur die Masse von Wandlungen ist." Heckroth habe nicht nur im Bild die Metamorphosen gesucht, sondern auch in sich selbst. Er habe seinen Begriff von Malerei mit ins Theater genommen und für die Zwecke der Bühne transformiert. Das in fünf Jahrzehnten entstandene Lebenswerk Heckroths nannte Rühle leuchtend, aber auch "durchschattet von dem selbst erfahrenen Kummer, dass man den Maler in ihm weniger schätzte als den Bühnenträumer". Der Gießener Kulturdezernent Dr.Reinhard Kaufmann erwähnte in seiner Begrüßung besonders die Vorsitzende der Hein-Heckroth-Gesellschaft, Dietgard Wosimsky: "Sie hat ihre Idee des Hein-Heckroth-Preises ebenso hartnäckig wie charmant verfolgt." Auch Intendantin Cathérine Miville lobte die "unermüdliche Motivatorin" und hob die Vergabe des Förderpreises als ein wichtiges Signal hervor. In seiner Laudatio auf den Preisträger erinnerte der Komponist, Weggefährte und Gießener Professor der Theaterwissenschaft, Heiner Goebbels, daran, dass Wonder Anfang der siebziger Jahre unmittelbarer Nachfolger Heckroths an den Städtischen Bühnen in Frankfurt war und seither an nahezu allen wichtigen europäischen Opern- und Theaterhäusern gearbeitet hat. "Trau keinem Auge" habe Wonder einmal gesagt, und tatsächlich könne man bei ihm seinen Augen wirklich nicht trauen: "Warum schwebt der Konzertflügel über dem Bühnenboden wie ein Metronom, und wieso schneit es in einem Stück wie Heiner Müllers ,Auftrag‘, das doch eigentlich in Jamaika spielt? Und wie schafft er es, dass das riesige Stadion, in das wir eben noch zu größenwahnsinnigen Texten von d’Annunzio geblickt haben, plötzlich voller Bäume steht?" In einer Zeit der optischen Überflutung gehe es Erich Wonder darum, "Rätselbilder zu schaffen, Geheimnisse zu wahren". Er baue den Schauspielern einen Raum, der ihnen eine andere, eine Theaterwirklichkeit anbiete – keine vorgebliche, sondern eine, an die sie sich halten können, halten müssen: der Panzer in Düsseldorf, Schächte in Hamburg, Sand in Wien und genau definierte Lichträume in Frankfurt. Seine Räume stellten gerade darin wieder eine eigene Maschinerie dar, die bezwungen werden müsse. "Das ist der Unterschied zur Kulisse", so Goebbels. Erich Wonder, der über seine einstige Schülerin sprechen sollte, machte es kurz, indem er den Witz anbrachte, er lese offenbar dieselben Bücher wie Goebbels und wolle daher den Zuhörern die Wiederholung derselben Zitate ersparen. So begnügte er sich mit einer kleinen Anekdote und erwähnte, dass Annette Murschetz seit 1992 als Bühnenbildnerin in Wien, Barcelona, Berlin und Hamburg gewirkt hat. * Nach dem Festakt im Theater herrschte in der Kunsthalle gegenüber dichtes Gedränge: Dort eröffnete Museumsdirektor Dr.Friedhelm Häring eine Ausstellung mit Gemälden von Erich Wonder – doch der Künstler war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Im oberen Teil der Halle sind meist großformatige, sehr expressiv und wuchtig wirkende Gemälde zu Richard Wagners "Ring des Nibelungen" zu sehen. "Das sind aber keine Illustrationen zum ,Ring‘", beeilte sich Häring zu sagen. So wie Wagner den politischen Impuls seines Werkes nie geleugnet habe, so fordere es auch immer zu politischen Interpretationsansätzen heraus. "Diese Bilder sind ein Schockerlebnis, ein Urerlebnis", sagte Häring und zeigte dabei auf jene Darstellungen, in denen ein notgelandetes Flugzeug in einem durchsichtigen Würfel wie in einem riesigen Eisklumpen gefangen ist: "Hier hat einer dem Werk Wagners einen eigenen melodramatischen Sinn eröffnet." Häring sprach von der "Präsenz der Farbe", der "innegehaltenen Zeit" und dem Glanz des Lichtes in diesen Bildern. "Darin ist Wonder einer der ganz großen Meister unserer Zeit", sagte er. * Die Wonder-Ausstellung in der Kunsthalle ist bis 27.April zu sehen; dienstags bis samstags von 10 bis 16 Uhr, mittwochs von 10 bis 20 Uhr, sonn- und feiertags von 10 bis 13 Uhr.