Erinnerungs-Strom
Die Performance 'Stifters Dinge' in Duisburg
"eine Kunst-Collage,
die mannigfaltige Anspielungen raffiniert
verknüpft. Etwa, als das Gemälde 'Der
Sumpf' von Jacob van Ruisdael mit orangenem,
rotem und blauem Licht auf eine Reise
durch Länder und Kontinente geschickt
wird. Einmal wird ein Auszug aus Adalbert
Stifters 'Eisgeschichte' vorgelesen. Goebbels
verweist in 'Stifters Dinge' auf die Eigenart
des Biedermeier-Schriftstellers, in
seinen Erzählungen Natur so detailliert zu
beschreiben, als male er sie mit Worten
nach, und mit diesem Erzählstrom eine eigene
Naturästhetik zu definieren. Ähnlich
Goebbels: Musik, Bild und Bewegung verbinden
sich zu einem Strom von Anspielungen
und Zitaten, der eigene Wahrnehmung
anstößt.
Jeder Zuschauer wird diese Collage anders
wahrnehmen. Jeder erzeugt in seinem Kopf
eigene Bilder, etwa, als sandfarbene Vorhänge
sich hebend und senkend an tropische
Lichtwechsel erinnern. Oder wenn
Tropfen in die Becken fallen wie Regen
und ein Player-Piano den zweiten Satz aus
Bachs Italienischem Konzert spielt. Wer
seine Augen anstrengt, sieht über den niedergehenden
Tasten den Negativraum tanzen.
Später fährt das Klaviergerüst wie ein Wesen
auf die Zuschauer zu, man hört einen
Wechselgesang, in dem kolumbianische
Ureinwohner das Böse bannen. Das muss
man nicht wissen, um von der Ästhetik des
Moments beeindruckt zu sein. Man kann
hinterher selbst schauen, wie 'Stifters
Dinge' als Wundermaschine zusammengesetzt
sind. Der Besucher soll, so weit das
geht, selbst bestimmen, was er sieht."
Edda Breski
Allgemeiner Anzeiger (DE), 23 September 2013