Liberté d'action
staged concert with words by Henri Michaux
Liberté d'Action ist ein szenisches Konzert für den Schauspieler David Bennent, Live Elektronik und zwei Pianisten des Ensemble Modern.
Im Mittelpunkt dieser neuen Arbeit des Theatermachers und Komponisten Heiner Goebbels stehen die Texte eines unangepassten Einzelgängers: Henri Michaux. Der 1899 im belgischen Namur geborene und 1984 in Paris gestorbene Michaux zählt zu den großen Doppelbegabungen und Außenseitern in der europäischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Henri Michaux war ein herausragender Maler, der von den späten fünfziger Jahren an beinahe überall auf der Welt ausstellte — und zugleich ein höchst moderner, sprachgewaltiger Dichter, bei dem "die Worte nicht mehr im Dienst der Kommunikation stehen, sondern des nicht Kommunizierbaren" (Octavio Paz). In seinen poetischen, nachdenklichen, beschwörenden und explosiven Texten betreibt er eine Art Exorzismus gegen sich und den Rest der Welt; mit den Bildern versucht Michaux das Unsagbare auszudrücken. Beide künstlerische Ausdrucksformen sind von einer starken Gestik und rhythmischen Musikalität geprägt. "Ich kann nicht einmal sagen, was mich am Werk dieses Künstlers mehr fasziniert: die Texte oder die Bilder, die Zeichnungen. Vielleicht versuche ich ihm in einem dritten, akustischen Medium näherzukommen“ (Heiner Goebbels)
Michaux’ grundlegendes Mißtrauen der Sprache gegenüber entspricht in diesem szenischen Konzert eine Stimme, die — im französischen Original und in deutscher Übersetzung — auf so virtuose wie vielfältige Weise agiert, der aber immer wieder der Platz streitig gemacht wird: von den Klängen präparierter Klaviere und Live Elektronik, und dem überraschenden Einsatz von Licht und Technik. Der Liberté d'Action, der Handlungsfreiheit, sind auch auf der Bühne enge Grenzen gesetzt — wie im richtigen Leben.
Heiner Goebbels verbindet sowohl mit dem Ensemble Modern (in den Musiktheaterstücken Schwarz auf Weiss, Eislermaterial) als auch mit David Bennent eine langjährige Zusammenarbeit. Anläßlich der documenta 1987 arbeitete er erstmals mit Bennent. Was damals mit Maelstromsüdpol begann (einer installativen Performance mit Heiner Müller und Erich Wonder), fand später, gemeinsam mit dem Ensemble Modern, bei seiner ersten Oper Landschaft mit entfernten Verwandten (Genf 2002) seine Fortsetzung und geht nun weiter mit Michaux — für ein neues Hörstück, das gemeinsam von SWR und Deutschlandfunk Kultur produziert wird, und für das szenische Konzert Liberté d'Action.